Female-work

Die technischen Berufe brauchen Frauen

von Sabrina Rückeshäuser, am 07. Mai 2018

Oft basiert die Wahl der beruflichen Ausbildung auf weitgehendem Unwissen über die tatsächliche Vielfalt der Möglichkeiten. Wer Geschlechter-Parität anstrebt, sollte Mädchen früh Alternativen zu klassischen Berufen aufzeigen und Vorbilder präsentieren.

Unter den zehn häufigsten Lehrberufen, die Mädchen im Jahr 2017 erlernt haben, befand sich nur ein explizit technischer: Auf Platz neun, so die Lehrlingsstatistik der WKO, findet sich die Ausbildung zur Metalltechnikerin. Die ersten drei Plätze belegen Berufe des Einzelhandels, die Bürokauffrau sowie der Klassiker schlechthin: die Friseurin. Bei den Burschen hingegen rangiert die Metalltechnik auf Platz eins, gefolgt von Elektrotechnik und, ebenfalls klassisch, der KFZ-Technik.

Stark unterrepräsentiert

Obwohl die technischen Berufe noch einen starken Männer-Überhang zeigen, gibt es eine positive Tendenz: Noch 2002 entschieden sich etwa in Wien fast 58 Prozent der Mädchen für einen der genannten Top-3-Berufe. Diese Quote steht seit 2009 beständig unter 50 Prozent. Womit nicht nur die Hinwendung zu neuen Berufsfeldern gestiegen ist, sondern in den bekannten Bereichen auch etwas Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt herausgenommen wurde.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Hochschulen: Weibliche Studierende sind in technischen Studien und im Bereich Montanistik mit etwa einem Viertel stark unterrepräsentiert, haben jedoch eine Mehrheit in den Studien der Geisteswissenschaften, der Künste sowie der Veterinärmedizin. In stark technischen Branchen findet man Frauen darum auch eher im Marketing, der Verwaltung und dem HR-Management als in der Forschung und Entwicklung. Die „gläserne Decke“ gerade hier zu durchstoßen und in eine Führungsposition zu kommen, ist dementsprechend noch schwieriger als in anderen Branchen.

Schwierige Mathematik?

Equations written in chalk on a worn-out blackboard

Als Begründung für diese Situation sind im Gespräch mit Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen sowie Lehrenden immer wieder zwei Dinge zu hören: Erstens wissen die Schulabgängerinnen, ebenso wie ihre männlichen Kollegen, wenig über die Vielfalt der existierenden Berufe Bescheid. Und zweitens werden Ausbildungen, die viel mit Mathematik oder auch den „harten“ Naturwissenschaften (Physik, Chemie) zu tun haben, aufgrund der jeweiligen Erfahrungen im Schulunterricht als zu schwierig bzw. sogar uninteressant empfunden.

Rollenbilder sind gefragt

Dass Frauen in allen Berufsfeldern in den „Talente-Wettbewerb“ zu Männern zu treten vermögen, ist keine Frage. Zudem wirkt sich die Geschlechter-Parität – oder zumindest eine stärkere Durchmischung – positiv auf jedes Team aus und ermöglicht gegenüber reinen Männergruppen neue Ansätze für Problemlösungen. Um diese Entwicklung voranzutreiben und Frauen schon im Kindesalter für Berufe zu interessieren, die über das weithin Bekannte hinausgehen, sind nicht zuletzt positive Rollenbilder nötig: Der Kontakt zu Frauen in technischen Berufen, aber auch die Bestärkung durch männliche Bezugspersonen, die Mädchen grundsätzlich sagen: „Ja, du kannst jeden Beruf ergreifen, der dich interessiert.“

Nicht zuletzt tragen auch Initiativen wie der „Töchtertag“ dazu bei, diesen Weg zu ebnen. Nach US-amerikanischem Vorbild wurde der Aktionstag 2002 auch erstmals von der Wiener Stadtregierung unterstützt. Seither sind Unternehmen zur Teilnahme aufgerufen, wobei nicht nur die Töchter von MitarbeiterInnen, sondern generell Mädchen zwischen 11 und 16 Jahren eingeladen sind, unbekannte Arbeitswelten zu erforschen. Wer eine Teilnahmebestätigung des besuchten Unternehmens vorlegt, ist an diesem Tag sogar vom Schulunterricht befreit.

Sabrina Rückeshäuser

Digital Marketing Manager