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Sport ist Mord – warum dich dein Training umbringt

von Mag. Eva Reidemeister, BA, am 15. Juli 2019

Der Ausspruch „Sport ist Mord“ wird nur allzu gerne dem ehemaligen britischen Premierminister Winston Churchill in den Mund gelegt. Tatsächlich soll er sich für „No sports“ in einem Interview ausgesprochen haben. Der Hintergrund war die Frage, wie er in hohem Alter noch so gesund sei. Die deutsche Redewendung „Sport ist Mord“, die Fitnessmuffel gerne ins Feld führen, um weiterhin ein Dasein als Couch-Potato zu führen, stammt aller Wahrscheinlichkeit nicht vom Premier, hat aber vielleicht doch etwas mit Großbritannien zu tun.

Im Englischen gibt es das (etwas veraltete) Wort „disport“, was so viel wie „Zeitvertreib“ bedeutet. Tatsächlich klingt das ein wenig nach „die sports“. Tödlich ist der Zeitvertreib jedoch nicht. Also alles nur ein Missverständnis und Sport ist doch uneingeschränkt zu empfehlen? Wir haben mal genauer hingeschaut und fünf Mythen zum Thema „Sport“ unter die Lupe genommen.

1. Extremsport ist am ungesündesten

Laut einer Erhebung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) liegen nicht etwa Bungeejumping, Sportklettern oder Mountainbiken bei den Sportunfällen ganz weit vorn. Nein, die Statistik wird von Fußball angeführt. Etwa ein Drittel der Sportunfälle passieren beim Fußballspielen. Am häufigsten handelt es sich dabei um Muskel-, Bänder- und Sehnenverletzungen – Fair Play hin oder her.

Obwohl FußballspielerInnen, in absoluten Zahlen gesehen, am gefährlichsten leben, heißt das jedoch nicht, dass Extremsportarten ungefährlich sind. Wer mit dem Gleitschirm unterwegs ist, Free Solo klettert oder sich mit dem Fahrrad über Stock und Stein bewegt, geht ein kalkuliertes Risiko ein, das im Fall der Fälle mit harschen Konsequenzen einhergeht. Sprich, kommt es beim Paragliding, Klettern oder Mountainbiken zur Verletzung, bleibt es meist nicht nur beim Bänderriss oder einem verstauchten Ellenbogen. Eine sorgsame Vorbereitung mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen sowie eine anhaltend hohe Konzentration sind das A und O, um gröberen Schäden aus dem Weg zu gehen.

2. Vor dem Sport dehnen ist Pflicht

Ein Großteil der FreizeitjoggerInnen dehnt sich regelmäßig vor dem Laufen. Aus sportmedizinischer Sicht ist jedoch nicht erwiesen, ob dies Verletzungen oder einem Muskelkater vorbeugt. Viel wichtiger ist es, die Muskulatur nach dem Laufen zu dehnen.

Bei einigen Sportarten kann das Dehnen vor dem Start das Verletzungsrisiko sogar erhöhen. Das gilt für Fußball und andere Sportarten, die Schnellkraft verlangen. Vorheriges Dehnen ist auch dann nicht zu empfehlen, wenn die Muskeln im Training an ihre Grenzen geführt werden sollen, beim Gewichtheben zum Beispiel.

3. Krafttraining ist nur etwas für Bodybuilder

Egal ob du abnehmen oder deine Fitness verbessern möchtest, mit der Kombination aus Ausdauersport und Krafttraining fährst du am besten. Denn auch wer Gewichte stemmt, verbraucht jede Menge Kalorien. Radfahren, Schwimmen und Tennis kannst du also getrost mit Hanteltraining kombinieren.

Ein weiterer Vorteil: Krafttraining in Kombination mit Ausdauersport beugt Diabetes und der Abnahme von Muskelmasse im Alter vor. 1

4. Wer Ergebnisse sehen will, muss jeden Tag trainieren

Für sichtbare Ergebnisse, so der Mythos, ist es nötig jeden Tag zu trainieren. Daran schließt sich gleich der nächste Mythos an: Erst nach 30 Minuten verbrennst du Fett. Beides ist so nicht ganz richtig. Was jedoch stimmt: Der Körper braucht eine gewisse Zeit, bis die Muskulatur warm ist. Doch wenn es um Fettverbrennung geht, kommt es vor allem auf Regelmäßigkeit an. Äußerst effektiv sind Trainingsroutinen wie das High-Intensity Interval Training, kurz HIIT.

Es reicht aber tatsächlich, wenn du nur jeden zweiten oder dritten Tag trainierst. Warum? Aufgrund des Nachbrenneffekts läuft die Fettverbrennungsmaschine des Körpers weiter, auch wenn du längst wieder auf dem Sofa sitzt.

5. Krankheiten kannst du mit Sport einfach ausschwitzen

Wer sich tatsächlich mit Sport umbringen möchte, verausgabt sich auch bei Krankheit. Also lieber nicht. Wenn du verkühlt bist, brauchst du Ruhe. Fakt ist, Fieber wirkt gegen Krankheitserreger. Allerdings reguliert der Körper seine Temperatur selbst. Daher solltest du die erhöhte Temperatur durch Sport nicht noch mehr in die Höhe treiben.

Die Schäden am Herzmuskel, der ohnehin gerade Überstunden schiebt, können fatal sein. Schlimmstenfalls führt Sport, während du krank bist, zum Herztod. Der Puls liegt bei Krankheit etwa drei bis fünf Schläge über dem Normalwert und daher lautet die Devise: Ab ins Bett und in Ruhe auskurieren!

Damit dich dein Training wirklich nicht umbringt

Wer bisher eine ruhige Kugel geschoben hat, sollte es auch beim Sport zunächst langsam angehen lassen. Muskeln wollen aufgebaut und nicht aufgebauscht werden. Setze dir realistische Ziele und beginne mit kurzen Trainingseinheiten von 10 bis 30 Minuten. Steigern kannst du dich immer noch. Du musst nicht gleich einen Marathon laufen. Und überhaupt, das Gesunde am Marathon ist sowieso die Vorbereitung. Der eigentliche Lauf führt den Körper an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit und verlangt nach einer ausgedehnten Regenerationsphase.

Ist Laufen überhaupt dein Sport? Wenn dir das Training keinen Spaß macht, heult der innere Schweinehund schneller auf, als gedacht. Probiere daher ruhig verschiedene Sportarten aus, bevor du dir eine feste Routine zulegst.

Sogar der selbsterklärte Fitnessmuffel Churchill hat übrigens nicht ganz auf Sport verzichtet. Obwohl er sich wohl kaum für „Leibesübungen“ begeisterte, war er ein großer Fan des Reitsports und saß auch selbst oft im Sattel. Und am Ende gibt es ja noch Schach.

Bild: New Africa (Adobe Stock)

Mag. Eva Reidemeister, BA

Content-Marketing-Managerin